Von sechs Spielern zum Landesliga-Aufsteiger
Als Josef Pfeiffer im Jahr 2007 das Traineramt bei Hilal Maroc Bergheim antrat, fand er katastrophale Bedingungen vor. Der Kader war auf sechs Akteure geschrumpft, Trainingsausrüstung existierte praktisch nicht. „Wir hatten weder Bälle noch Trikots. Es war eine absolute Notlage", erinnert sich der Übungsleiter heute.
Doch anstatt das Handtuch zu werfen, packte Pfeiffer die Herausforderung an. Über persönliche Kontakte zu Spielern – und deren erweiterte Netzwerke – gelang es ihm, binnen kurzer Zeit einen komplett neuen Kader zu formen. Der Lohn: Der Aufstieg in die Landesliga. Was damals noch wie ein kleines Wunder erschien, sollte erst der Anfang sein.
In der Saison 2010/2011 beendete die Mannschaft die Spielzeit auf dem dritten Tabellenrang. Für Pfeiffer war klar: „Wir werden aufsteigen." In Bergheim, einer Kleinstadt ohne großen Sponsor oder überragende finanzielle Ressourcen, wollte zunächst niemand an diesen Traum glauben. Die Region war eher für den FC Bergheim 2000 bekannt – den Heimatverein von Lukas Podolski.
„Wir waren auf einmal die Favoriten"
Der Schlüssel zum Erfolg lag laut Pfeiffer im Zusammenhalt. „Wir haben einfach richtig gut zusammengehalten. Der Teamgeist war außergewöhnlich", betont er. Und tatsächlich: Das Unmögliche wurde Wirklichkeit.
Der entscheidende Aufstiegstag verlief dramatisch. „Der Aufstieg hing bis zur letzten Sekunde am seidenen Faden", beschreibt Pfeiffer die Situation. Gleichzeitig spielten Bergisch Gladbach und Hilal Maroc ihre jeweiligen Partien. Während Gladbach in Wattenscheid spielte, um sich für die Regionalliga zu qualifizieren, musste Hilal in Rheinbach gewinnen.
„Als wir erfuhren, dass Gladbach mit 3:1 führt, haben wir in nur zehn Minuten vier Treffer erzielt und uns so in die Mittelrheinliga geschossen", erzählt Pfeiffer mit einem Lächeln. Auch in der höheren Spielklasse setzte sich die Erfolgsserie fort. Durch geschickte Kaderplanung – eine Mischung aus erfahrenen und jungen Akteuren – etablierte sich Hilal Maroc schnell in der Spitzengruppe.
Nach dem neunten Spieltag blieb das Team zwölf Partien ungeschlagen. „Nachdem wir die ersten Spiele gewonnen hatten, galten wir plötzlich als Topfavorit. Wir konnten es selbst kaum glauben", so Pfeiffer. Warum also nicht noch einen Schritt weitergehen?
Der teure Griff nach den Sternen
Mit dem sportlichen Höhenflug wuchsen auch die Ambitionen. Hilal Maroc beantragte die Lizenz für die Regionalliga West – Kostenpunkt: 35.000 Euro. Bis zum 25. Spieltag fehlten lediglich drei Punkte zum sicheren Aufstiegsplatz. Doch dann kam der Einbruch.
Die letzten vier Saisonspiele gingen allesamt verloren. Mit ihnen verpufften sowohl die Aufstiegshoffnungen als auch das investierte Geld. Für Pfeiffer bis heute ein schwer verdaulicher Vorgang: „Ich hatte das Gefühl, dass etwas nicht stimmte."
Seine Vermutung: Konkurrierende Vereine seien an seine Spieler herangetreten und hätten diese für die kommende Saison mit besseren Gehältern abgeworben. „Andere Akteure wussten vermutlich, dass sie in der Regionalliga nicht mithalten könnten und schalteten einen Gang zurück, um weiter gutes Geld in einer niedrigeren Klasse zu verdienen", erklärt sich der Trainer den Leistungsabfall.
Die Konsequenz: Pfeiffer krempelte den gesamten Kader um. Kein Spieler, der bei Niederlagen gegrinst hatte, wurde gehalten. Gleichzeitig zog er sich aus der Trainerrolle zurück und übernahm die sportliche Leitung. Igor Lazic sollte den Erfolg zurückbringen.
Der Absturz beschleunigt sich
„Ein großer Fehler", gesteht Pfeiffer heute ein. Nach nur zwei Spielen unter Lazic kehrte er bereits auf die Trainerbank zurück. Ob dem neuen Coach zu wenig Vertrauen geschenkt wurde? Pfeiffer blockt ab: „Lazic hat uns zurückgeworfen. Ich musste es wieder aufholen – auch wenn das einen Abstieg in Kauf nahm."
Gesagt, getan: In der folgenden Spielzeit stieg Hilal Maroc aus der Mittelrheinliga ab. Zurück in der Landesliga sollte ein erneuter Neuanfang gelingen. Doch auch hier lief es nicht nach Plan. „Eine komplett neue Mannschaft mit vielen internationalen Spielern" brachte nicht den gewünschten Erfolg. Kommunikationsprobleme und mangelnde Integration lähmten das Team.
Die Hoffnung stirbt zuletzt
In der Winterpause wurde erneut ein komplett neuer Kader zusammengestellt. Pfeiffer setzt dabei vor allem auf japanische Akteure – aufgrund guter Erfahrungen mit Norikazu Murakami. „Japaner haben Talent, Disziplin und leisten ehrliche Arbeit. Preislich halten sie sich ebenfalls zurück", begründet der Trainer seine Strategie.
Die „beschissene Lage" – wie er sie selbst nennt – ist Pfeiffer durchaus bewusst. Dennoch sieht er nach vorne: „Wir haben jetzt ehrliche Spieler in der Mannschaft. Die Jungs werden marschieren, und dann bauen wir alles langsam und beständig wieder auf."
Ob diese Prognose eintrifft, ist offen. Sollte der Klassenerhalt nicht gelingen, schließt Pfeiffer einen freiwilligen Rückzug nicht aus. Doch nach all den Jahren, der Leidenschaft und den Achterbahnfahrten erscheint es schwer vorstellbar, dass er wirklich loslassen kann.
Fazit
Die Geschichte von Hilal Maroc Bergheim ist symptomatisch für den Amateurfußball: Große Träume, begrenztes Budget und die Unwägbarkeiten eines Sports, in dem nicht immer der Beste gewinnt. Josef Pfeiffer hat mit seinem Lebenswerk gezeigt, was mit Ehrgeiz und Zusammenhalt möglich ist – aber auch, wie schnell Erfolge wieder zerrinnen können. Ob Bergheim jemals wieder in alte Glanzzeiten zurückfindet, bleibt abzuwarten.